Wie kommunizieren die Fluglotsen mit den Piloten?

 

Die wichtigste Komponente in der Flugsicherung ist eine aufrechte Kommunikationsmöglichkeit zwischen Fluglotsen und Piloten. Selbst wenn das Air Situation Display (siehe Artikel zum Thema RADAR) jemals ausfallen sollte, unsere Lotsenkollegen werden darauf trainiert auch in so einem Fall den Flugverkehr weitgehend abwickeln zu können. Fällt jedoch die letzte Kommunikationsmöglichkeit zwischen Lotse und Pilot weg, dann ist eine echte Ausnahmesituation eingetreten. Dementsprechend hoch sind die Sicherheitsanforderungen an die Kommunikationssysteme, die alle mehrfach redundant ausgeführt sein müssen. 

Gemäß der internationalen Vereinbarungen und der geltenden Gesetze ist die Kommunikation derzeit noch hauptsächlich als Funksprechverkehr abzuwickeln. Die Funkverordnung schreibt uns „VHF“ als Frequenzbereich vor, und dann auch noch eine relativ alte – allerdings weltweit bewährte – Art der Funkaussendung, nämlich „Zweiseitenband-Amplitudenmodulation mit vollem Träger und 3400Hz NF-Bandbreite“. Für die Insider: Modulationsart 6K8A3E. Eigentlich der Ur-Vater aller Radioaussendungen…… 

Diese Art der Funkaussendung legt uns ein paar Beschränkungen in den Weg. Die Frequenzwahl aus dem VHF-Bereich mit ihrer quasioptischen Ausbreitung beschränkt uns auf den Radiohorizont – der in einem gebirgigen Land wie Österreich weit näher ist, als auf einer berglosen Billardkugel (siehe dazu den Artikel zu Erdkrümmung und Funkwellen). Und, die Verordnung erlaubt uns auch keine technischen Tricks, wie zB. Relaisbetrieb zur Funkreichweitenverlängerung. Daher mussten wir – obwohl ein geografisch kleines Land – Österreich mit mehr als 60 (!) Funkstationen überziehen. 

Diese 60 Stationen sind im Hintergrund über ein modernes, voll digitalisiertes Vermittlungssystem „VCS Voice Communication System“ – verbunden. In dem System sind eine Reihe technischer Sonderfunktionen eingebaut, die uns helfen sollen diese Beschränkungen, die uns die Verordnung auferlegen, zu mitigieren.

Insbesondere der Ausfallsicherheit des gesamten Systems ist großer Raum gewidmet. Alle Komponenten sind zu mindestens doppelt vorhanden, für manche Komponenten gibt es sogar ein komplett getrenntes, und damit drittes, Notsystem. Die Komponenten selber müssen voll modular sein, jedes Teilmodul hat im Hintergrund sein Ersatzmodul mitlaufen, ein Wechsel zwischen beiden muss im laufenden Betrieb unterbrechungsfrei erfolgen. Aus den leidvollen Erfahrungen der Schweizer Kollegen anlässlich des tragischen Flugunfalles ÜBERLINGEN im Juli 2002, resultiert auch die Forderung Softwareupgrades im laufenden Betrieb ohne jegliche Betriebsunterbrechung durchführen zu können. 

Während jeder Funkaussendung überprüft das System selbstständig die Qualität der Aussendung durch Vergleich des ins Mikrofon gesprochenen Signals mit einem Kontroll-Empfangssignal, und schaltet im Fall einer erkannten Abweichung/Unterbrechung automatisch auf eine alternative vorbereitete Funkstelle um – was auch zum Teil die große Anzahl an Funkstandorten erklärt. 

 

Das Touch Input Display

Die Fluglotsen haben an ihren Controller Working Position (siehe Artikel zu Radar, Technik und Anwendungen) ein touch-sensitives Bedienpanel zur Verfügung, an dem sie die Frequenzen auswählen können um den ihnen zugeteilten Sektor des Luftraumes betreiben zu können. Für diese Frequenzen kann der Lotse dann auch noch Standorte gezielt auswählen, über den er den Funkspruch absetzen möchte, oder alternativ das System den am besten geeigneten Standort auswählen lassen.

 

Touch Input Display

Dieses Touch Input Display ist die Kommunikationszentrale für den Lotsen. Es erfüllt unter anderen folgenden Funktionen:

  

Offset Carrier Betrieb

Eine der Sonderfunktionen die uns die Verordnungen erlauben, ist die sogenannte "Offset Carrier" Betriebsart. Bei diesem Verfahren kann/darf ein Funkspruch auf bis zu drei Sendestationen gleichzeitig ausgesendet werden.

Damit sich diese drei Sender in den Überschneidungszonen nicht durch Interferenz gegenseitig stören, werden ihre Trägerfrequenzen um jeweils wenige kHz verstimmt ausgesendet. Dieser Frequenzversatz ist dabei höher eingestellt als die nötige NF-Bandbreite, damit kappen im Empfänger bereits das ZF-Filter und dann auch noch das dahinterliegende NF-Filter den dabei entstehenden Überlagerungspfeifton weg. 

Warum kann aber ein solcher Empfänger die NF-Information trotzdem dekodieren, auch wenn er die gleichzeitige Überlagerung von zwei „fast Gleichwellensignalen“ erhält?
Weil bei Amplitudenmodulation die Empfänger als Hüllkurvendedektoren gebaut sind.

 

Betrachten wir dazu die Überlagerung bei Empfang eines AM-modulierten Empfangssignals auf der Trägerfrequenz f0 (oberstes Diagramm) und eines mit der gleichen NF modulierten Signals auf der Trägerfrequenz f0+Δf (mittleres Diagramm). Die Summen-Überlagerung dieser beider Signale (im unteren Diagramm) ergibt zwar ein wirres Gemisch aus beiden Trägerfrequenzen (und damit den berüchtigten Pfeifton, den die Filter wegkappen müssen), aber wie man erkennen kann bleibt die NF-Hüllkurve als Empfangssignal dabei trotzdem erhalten.

Wichtig ist dabei allerdings für die Sicherstellung einer optimalen Sprachqualität, dass die NF-Signale beim Empfänger möglichst zeitgleich ankommen, um Effekte wie "blechernen" Empfang, Hall oder Echos zu vermeiden. Dazu müssen die NF-Signale auf den unterschiedlichen Senderstandorten zueinander zeitgleich abgestrahlt werden. Um dies über alle unterschiedlichen Übertragungsstrecken zu den weit auseinanderliegenden Senderstandorten sicherzustellen zu können, kommen aufwendige Methoden zur Messung und Korrektur der NF-Laufzeiten zwischen VCS und Senderantenne zum Einsatz.

 

 

 

Datenfunk – CPDLC Controller Pilot Data Communication

Seit 2014 besteht die gesetzlich verankerte Möglichkeit, Flugzeugen die unsere „Flight Information Region“ in Höhen höher als 19500 Fuss (Flight Level FL195) befliegen, Anweisungen auch per Datenfunk zu übermitteln.

Entgegen der in Zeitungen oft beschriebenen Meinung ist es damit NICHT möglich Flugzeuge fernzusteuern. Es ist vielmehr ein Art SMS-Service, um den Sprechfunkverkehr etwas zu entlasten. Gleichzeitig hat das System den Vorteil, dass unser Computer – das ATM-System (siehe dazu den Artikel über Radar, Technik und Anwendungen) - in die Sicherheitskette eingebunden werden kann, da er quasi die Anweisungen des Lotsen an den Piloten mitlesen kann.

Symbolfoto EUROCONTROL

Der Pilot erbittet zB. eine Freigabe zum Steigen auf „Flight Level 300” (=30000 ft) direkt über sein FMS (Flight Management System)

Symbolfoto EUROCONTROL

Der Fluglotse sieht diese Anfrage im Label des Flugziels, selektiert aus einer Dropdown-Box FL300 mit rechtem Mausklick. Das ATM-System macht automatisch einen cross-check auf potentielle Konflikte mit angrenzendem Verkehr.

Symbolfoto EUROCONTROL

Wenn kein Konflikt erkannt wird, kann der Lotse diese Freigabe für FL300 per Mausklick hinaufschicken.

Das ATM-System signalisiert ihm optisch, wenn