Technologien für Remote Tower Projekte

 
 
 
Remote Tower Operations ist ein Thema, das im Rahmen des SESAR Forschungsprogramms ausgearbeitet wurde und inzwischen von einigen Flugsicherungen als Pilotinstallationen auf kleineren Flugplätzen umgesetzt wird. Seit dem Jahr 2016 kann man behaupten, dass die ersten Installationen auch wirklich einsatzfähig sind.
 
 
Als einer der Pioniere fungiert die schwedische Flugsicherung LFV, die Kontrolltürme von drei räumlich weit getrennten kleineren Flugplätzen aus einer gemeinsamen RTC – „Remote ATC Center“, betreibt.
 
 
Ein interessantes Projekt betreibt die ungarische Flugsicherung HUNGAROCONTROL, die für die Überbrückung der Umbau-/Erneuerungsphase ihres Kontrollturmes am Airport BUDAPEST auf eine RTC-Installation mit 4 Lotsenarbeitsplätzen ausweichen werden.
http://en.hungarocontrol.hu/knowledge-center/remote-tower
 
 
Quelle: HUNGAROCONTROL
 
Die Forschungsarbeit zu diesem Projekt kommt vom Forschungsbereich Luftfahrt der deutschen DLR,http://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10007/
 
 
Die typischerweise eingesetzten Technologien:
  • Kernstück ist die Visualisierung des Kanzelausblicks über (zumeist) eine Videowall mit typischem Gesichtsfeld 220°, aber voller 360° Rundblick-Capability. Die überlappenden Kamerabilder werden dabei von einem Imageprocessor entzerrt, pixelgenau ausgerichtet („Image stitching“, aus dem Englischen „to stitch“ nähen, heften) und in der Helligkeit angepasst. Dieses Bild wird danach durch diverse hinterlegte elektronische Hilfsmittel verbessert – „augmentiert“.

  • Es kann das Bild einer Thermal-Imaging-Kamera (Wärmebildkamera) zusätzlich hinterlegt werden. (Obere Bildschirmreihe im Foto)

Quelle: FREQUENTIS


  • Es können die Ortungs- und Flugplandaten eines am Airport befindlichen Radarsystems eingebunden und den auf der Videowall auftauchenden Luftzielen als Infolabels hinterlegt werden. (Die „grüne Box“ im mittleren Bildschirm der unteren Bildschirmreihe)

  • Es können die Pisten- und Rollweg-Begrenzungen auf der Videowall farblich nachgezeichnet werden.

  • Und es kann für händische Überprüfung einer erkannten Situation eine handgesteuerte „PTZ = Pan-Tilt-Zoom-Kamera“ noch dazu eingesetzt werden.
 
Zur technischen Klarstellung: in der Tagung wurde ständig von „Infrarotkameras“ gesprochen. Dieser Terminus ist etwas ungenau. Als Infrarotkameras bezeichnet man bereits Kameras, die das IR-Spektrum knapp unter dem sichtbaren Licht unterhalb von 0,4 μm mit detektieren können. Diese unterscheiden sich nicht so sehr von normalen Kameras. Die Wärmestrahlung hingegen, die Thermal-Imager verarbeiten können, liegt aber weit tiefer im Spektrum, ca. beginnend ab 3 μm, und erfordert ungleich kompliziertere/teurere Kameratechnologien. Insbesondere die Chips, die solche Strahlung rauscharm (aktive Kühlung erforderlich!) detektieren können, sind noch sehr teuer in der Fertigung. Aus diesem Grund setzt man bei 360° Abdeckung statt mehrere solcher Kameras eine Installation ein, bei der ein schmales Pixelarray über einen rotierenden 360° Spiegel das Rundumbild im Zeitmultiplex gescannt dedektiert
 
Quelle LFV/SAAB: Gehäuse mit 12 Kameras zur 360° Rundumsicht,
zwei fix montierten Thermal-Imagers und einer PTZ-Kamera
 
Diese Anordnung sind so die typischen Technologien, die das Kamerabild der Außenwelt mit zusätzlichen Informationen „aufpeppen“.Und genau hierin liegt auch der wirkliche Mehrwert dieser Remote TWR-Aktivitäten. Man darf bei solchen Projekten nicht einfach den simplen „Ersatz von Kontrollturm-ATCOs durch Kameras und Imageprozessoren“ dahinter sehen. Es ist dieser, durch diese Technologien generierbare Mehrwert, der auch in konventionell bemannten TWR’s zukünftig zur Anwendung kommen kann, und dort Low-Visibility Procedures unterstützen können wird.